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Enerige & Management > Wirtschaft - Aussichten für Landwärme als Biomethan-Händler „gut“
Quelle: Fotolia / caruso13
WIRTSCHAFT:
Aussichten für Landwärme als Biomethan-Händler „gut“
Die Insolvenz des Biomethan-Händlers Landwärme ist gerade erst beantragt. Welche Verträge mit Stadtwerken und anderen Partnern „angepasst“ werden, um zu überleben, ist noch offen. 
 
Vom Umsatztreiber zum Insolvenzgrund: „Im Bereich der Quotenvermarktung war ein enormer Zuwachs zu verzeichnen“, schrieb Landwärme im Jahresabschluss für das Jahr 2022. Der Umsatz des Münchner Biomethan-Händlers war im Vergleich zu 2021 um 79 Prozent auf 635 Millionen gestiegen. Das Ergebnis nach Steuern hatte die 30 Millionen geknackt – nach 5 Millionen im Vorjahr. Bereits damals hatte sich Landwärme über einen signifikanten Zuwachs gefreut. Diesen August hat das Unternehmen Insolvenz angemeldet. Begründung: der Preisverfall bei Treibhausgas-Minderungsquoten (THG).

Diese Geschäftssparte von Landwärme wuchs so stark, dass man sich inzwischen zu den „führenden Vermarktern von THQ-Quoten“ zählt, wie die Sprecherin des Unternehmens sagt. Dass die Sparte dem Biomethan-Händler zum Verhängnis geworden ist, erklärt Landwärme mit den mutmaßlichen Betrugsfällen bei Biodiesel und UER-Projekten (Upstream Emission Reduction). Die anderen Geschäftsfelder würden sich „weiter positiv“ entwickeln.

Bei Stadtwerken herrscht Verunsicherung. „Nach unseren Erfahrungen aus der BMP-Greengas-Insolvenz im vergangenen Jahr heißt das für Stadtwerke als Geschäftspartner der Landwärme möglicherweise, dass laufende Verträge gekündigt und zugesagte Liefermengen nicht eingehalten werden. Damit droht Stadtwerken möglicherweise erneut ein hoher finanzieller Schaden“, warnt VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing. Der VKU appelliert an Landwärme, die Lieferverträge im insolvenzrechtlich zulässigen Rahmen einzuhalten. Landwärme indes hat angekündigt, „Vertragsstrukturen den aktuellen Marktbedingungen anzupassen“.

Lieferanten und Finanzierer als Gläubiger

Welche Verträge betroffen sind und ob das auch Verträge in anderen Geschäftssparten gilt, ist offen. „Wir stehen ganz am Anfang. Wir wollen eine wirtschaftliche Lösung für alle Beteiligten“, betont die Unternehmenssprecherin. 
Die Aussichten, dass der Geschäftsbetrieb während der vorläufigen Insolvenz fortgeführt werden kann, sind nach derzeitiger Einschätzung Gordon Geisers „gut“. Ob und inwiefern dabei Verträge anzupassen sind, sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu sagen, erklärt der Berliner Anwalt, den das Amtsgericht als Sachwalter eingesetzt hat. Man stehe im Austausch mit Kunden und Lieferanten. Die Fortführung des Geschäfts sei grundsätzlich in aller Interesse.

Zu den Gläubigern von Landwärme zählen auch Biomethan-Lieferanten und Finanzierer, erläutert Geiser. „Angaben zur Höhe der Verschuldung können nicht gemacht werden, aber schon aufgrund der Größe des Unternehmens ist mit nicht unerheblichen Positionen zu rechnen“, teilt er mit.

An der Schieflage gibt Landwärme-Chef Zoltan Elek Politik und Behörden die Schuld. Die Insolvenz wäre seiner Ansicht nach vermeidbar gewesen wäre, wenn man die mutmaßlichen Betrugsfälle bei Biodiesel und UER-Projekten konsequenter bekämpft hätte.

Lage für betroffene Firmen „sehr ernst“

Der Geschäftsführer des Bundesverbands Bioenergie, Bernd Geisen, spricht von einem „umfassenden Problem“ für Biokraftstoffe. Die Lage vieler Branchenunternehmen sei „sehr ernst“, sagt er. Auch er wirft den Behörden vor, zu lange nichts unternommen zu haben. Seit Jahresbeginn weise die Branche auf die Unregelmäßigkeiten bei UER-Projekten hin. „Bei der Anrechnung auf die Treibhausgas-Minderungsquote ist offenbar systematisch betrogen worden. Das ist Betrug am Markt und Betrug am Klima“, so Geisen.

“Gefälschte UER-Nachweise haben offenbar die deutschen Klimaschutzbemühungen unterlaufen und verursachten für die gesamte Biokraftstoff-Warenkette erhebliche wirtschaftliche Schäden. In Kombination mit (...) falsch deklarierten Biodieselimporten aus China führen auch diese vermeintlich erbrachten THG-Minderungen zu einem Verdrängungseffekt beim physischen Bedarf für Biokraftstoffe“, so der Verbandsgeschäftsführer.

Ministerium weist Kritik zurück

Das Umweltministerium sieht sich zu Unrecht in der Kritik. „Den Vorwurf, die Bundesregierung sei angesichts der erhobenen Betrugsvorwürfe zu wenig aktiv gewesen, weisen wir klar zurück“, erklärt ein Sprecher des BMUV.

Um die Anrechnung fragwürdiger UER-Projekte schnellstmöglich zu beenden, habe das BMUV „bereits Anfang 2024 das Ende des bisherigen Anrechnungssystems auf den Weg gebracht – obwohl konkrete Verdachtsfälle erst Ende 2023 vorlagen“.

Das Umweltbundesamt (UBA) arbeite „mit Hochdruck an der Aufklärung der Verdachtsfälle“. Zudem ermittle die Staatsanwaltschaft Berlin. Mit Blick auf möglicherweise falsch deklarierte Biokraftstoffe betont der BMUV-Sprecher: In keinem EU-Land sei der Betrug bisher nachgewiesen worden.
 
 

Manfred Fischer
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Dienstag, 20.08.2024, 17:58 Uhr

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